„Babsi – oder Die Ideen sind frankiert“Theaterstück, Erfurter Hochschultage Eigentlich sollte es nach Berlin gehen. Eine hauptstädtische Initiative rief kulturbegeisterte, junge Menschen auf, sich dem Thema „Kinder zerschlagt die Generation eurer Eltern“ anzunehmen und dieses Thema künstlerisch zu bearbeiten. So zumindest die unbefangene Aussage eines Kulturbegeisterten während einer langen kalten Nacht Ende November 1998 in einem kurzweiligen warmen Etablissement zur guten Laune. Sofort waren auch die beiden Begleiter des Kulturbegeisterten davon befallen. Und so kreiselten die Gedanken und Getränke immer wieder um das gleiche Thema: „Auf nach Berlin!“. Doch der hauptstädtische Initiative fehlte es abrupt an Initiative. Schnapsidee! Egal! Die ANNA war schwanger und sie wollte das Kind austragen. Und es war keine leichte Geburt. Das Übliche halt. Wie auch immer, die Familie hielt zusammen. Am 8. Mai 1999 war Tag der Befreiung oder wie es im Theaterjargon heißt Premiere und zwar im Collegium Majus der Erfurter Universität. Und die Bude war voll. Und es hat Laune gemacht. So viel Laune, dass wir es im Juni gleich zwei mal spielten. Nach Berlin hat’s nicht geklappt, dafür aber nach Greiz zum Theaterherbst. Immerhin! Zum Stück: Die Bundesrepublik durchlebt bereits über ein halbes Jahrhundert Frieden und Demokratie, betonen die Propheten der sozialen Marktwirtschaft, verweisen dabei auf den gesellschaftlichen Wandel infolge der 68er „Revolution“, auf die Überwindung von Sozialismus und Planwirtschaft in der ehemaligen DDR und in jüngster Zeit auf die neue europäische Gemeinschaft. Wie spiegeln sich aber Frieden und Demokratie im Alltag der Menschen oder - den Diskurs bezüglich Individualität und Vereinzelung aufgreifend - des Menschen wider? Vor allem die Jugend, oder besser die jungen Menschen, werden zu den wahren Nutznießern dieser Entwicklung ernannt. Denn nie erlebten sie etwas anderes als Frieden und Demokratie. In dem Stück „Babsi oder die Ideen sind frankiert“ durchlebt eine junge Frau – Babsi – diese fünfzig Jahre, unfassbar für eine junge Frau, aber das Unmögliche wird halt erst oder gerade durch Theater lebendig. Babsi steht für viele Jugendliche, aufsässig und angepasst, getrieben von dem Wunsch, ihr Talent für etwas Sinnvolles einzusetzen. Den gesellschaftlichen Wandel erlebt sie nur im Alltäglichen. Die Widerstände, die sie erfährt, sind Missverständnisse und Gleichmacherei. Ihre Karriere endet, wie sie begann – im Glamour und Schein einer Fernsehshow. Noch im Fallen wird sie gefeiert, ihre Demütigung wird zur Farce. Auch Babsis (Kommune-) Freunde Mao, Kuno und Hasch treten in dieser Sendung auf. Die Art und Weise, wie sie Babsis Auf- und Abtritt ignorieren, spiegelt sich in ihrem Gehabe wider, inhaltslos und distanziert. Die, denen sie einst die Stirn boten, kopieren sie nun. Die zynische Bemerkung, dass sich alles irgendwie wiederholt, wird aufgegriffen und überspitzt. Ein Punk, der sich in einer anderen Szene als trotziger Aussteiger bekennt, wird durch einen stupiden Handstreich zum Rädchen in der Geschichte. Die trotzige Abkehr von der Gesellschaft stärkt diese. Alle jugendlichen Figuren dieses Stückes versuchen sich in irgendeiner Weise an der Gesellschaft. Sie suchen ihren Platz, wollen sich außerhalb der Schablonen entwickeln und ihre Umwelt verändern. Demokratie und Frieden gaben ihnen eine Chance. Eine echte Chance? Am Ende stellt sich die Frage, warum diese Jugend nie älter wird. Vielleicht ist dies eine Metapher. Vielleicht hatten sie aber nur Glück. Regie: In den Rollen: Text: Musik: Bühnenbild: Licht, Ton, Pyrotechnik: Maske: Weitere Aufführungen:
|