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13.8.1999, Erfurt, Rosengasse


„Triskaidekaphobie II – Die Angst vor der 13“

Die „kleinkunstbrigade Anna Kram” nahm sich im August 1999 erneut dem Thema Angst an (siehe Triskaidekaphobie I). Diesmal wurde in der Erfurter Rosengasse ein passendes Objekt gefunden: Hinterhof, Parterre, ca. 140 Quadratmeter. Der Ausstattung des Objekts - von Decke und Wänden fiel der Putz, Strom und Wasser waren abgeklemmt, zudem hatten zwiespältige Zeitgenossen die Räumlichkeit zur Deponie für Kühlschränke, Autoreifen u. ä. Konsumgütern umfunktioniert - begegneten wir anfänglich mit skeptischen Stirnrunzeln, die sich jedoch rasch glätteten. Schnell wurde uns klar, dass sich hinter diesen Zweifelattacken irrationale Versagensängste versteckten. Das passte zum Thema.

Nach knapp dreiwöchigem Werken hatten wir ein ansprechendes Ambiente geschaffen. Die endgelagerten Gegenstände wurden dabei verarbeitet, entweder zu arteigenem Inventar (Tresen, Sitzgelegenheit usw.) oder zu originellen Rauminstallationen.

Im Vorfeld der Veranstaltung organisierte die „kleinkunstbrigade Anna Kram” auf dem Erfurter Fischmarkt eine Demonstration (Straßentheater).

Auf dieser Kundgebung forderten verschiedene Redner den berüchtigten Freitag, den 13. auf Grund seines angstmachenden Charakters aus dem Kalendarium zu streichen.

Dabei spalteten sich die Akteure unter Anteilnahme vieler Sympathiesanten in Befürworter und Gegner. Die Kundgebung wurde durch eine Diskussionsrunde, die von Radio F.R.E.I. gesendet wurde, ergänzt.

Fazit: Die kleinkunstbrigade Anna Kram schaffte es erneut, einen großen Personenkreis zu bewegen, Angst sein zu lassen. Insgesamt waren bei dieser Veranstaltung ca. 35 Personen beteiligt. Als besondere Stärke der kleinkunstbrigade Anna Kram kristallisierte sich neben der vielfältigen künstlerischen Begabungen ihrer Akteure ihre Fähigkeit heraus, Menschen aus verschiedenen sozialen Zusammenhängen zur Mitwirkung zu motivieren.

Die ca. 300 Besucher bewiesen ebenfalls Durchhaltevermögen. Nicht wenige erfreuten sich zum Abschluss der Veranstaltung an der aufgehenden Sonne.



Volksbegehren zur Tilgung des Freitags, den 13. aus dem Jahresweiser

1. Redner:
Hubert Neuzeit, Vorsitzender des Verbands der Opfer des Zeitrechnungswesens

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Verehrte Mitstreiter!

Seit Jahrhunderten, vielmehr seit Beginn unserer Zeitrechnung werden Millionen Menschen durch einen Tag im Jahrbuch der Menschheit in ihrer Persönlichkeitsentfaltung eingeschränkt. Viele von ihnen erleben diesen Tag in Angst und Schrecken, in Unfreiheit und Erniedrigung. Dieser Tag ist das kalendarische Synonym für die Missachtung der Menschenrechte, insbesondere des bedeutendsten unter allen Menschenrechten, genau gesagt des Menschenrechts auf Hoffnung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Verehrte Mitstreiter!

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland besagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.”

Aber wo ist die staatliche Gewalt, meine Damen und Herren, wo sind Achtung und Schutz der Würde des Menschen, wenn der Almanach den Freitag, den 13. ausweist?

Aber das Grundgesetz garantiert auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Und mir sagt mein Gewissen, diese Nichtachtung der Menschenrechte ist nicht mehr länger hinzunehmen.

Noch einmal möchte ich das Grundgesetz zitieren, und dies verstehe ich auch als Appell an die Bundesregierung. Artikel 20, meine Damen und Herren, besagt: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.” Und weiter: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.”

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Verehrte Mitstreiter!

Wir sind das Volk!

Wir fordern die endgültige Streichung des Freitags, den 13. aus allen kalendarischen Instanzen.

Wir fordern das Verbot dieses Tages. Die Menschheit muss von dieser Geisel erlöst werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Verehrte Mitstreiter!

Mir liegt nicht an willkürlichen Visionen. Aber ich glaube an eine Zukunft – vor allem, wenn ich an die künftigen Generationen denke. Ich glaube, nein ich weiß, dass es möglich ist, eine angstfreie Zukunft zu gestalten.

Dazu möchte ich meiner, unserer Forderung Gestalt verleihen. „Eine Vision zu haben, heißt zu wissen: Dass heute das Morgen von gestern sein wird”, sagte einst der große deutsche Lyriker Hugo Hirschberg-Lappner.

Sehr geehrten Damen und Herren! Die Streichung des Freitags, den 13. aus dem Kalender darf nicht ersatzlos geschehen. Die Erde dreht sich deswegen nicht schneller um die Sonne. Wenn wir den diesjährigen Freitag, den 13. aus dem Kalender streichen, könnte er im nächsten Jahr nach dem Prinzip des Schaltjahres kompensiert werden. Der Geringste unter den Monaten, der Februar erhielt infolge dessen eine ihm zustehende Aufwertung. Im kommenden Jahr gäbe es dreißig Tage im Februar und er wäre daraufhin Monaten wie April, Juni, September und November gleichgestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Verehrte Mitstreiter!

Die Streichung des Freitags, den 13. hätte aber nicht nur eine progressivere Lebenseinstellung des Einzelnen zur Folge. Zugleich würde die Streichung positive wirtschaftliche Effekte auslösen.

Depressive und ängstliche Mitarbeiter sind für jedes Unternehmen existenzgefährdend. Diese Gefahr kann durch die Streichung gemindert werden.

Noch deutlicher wird der ökonomische Nutzen, wenn die Streichung des Freitags, den 13. im kommenden Februar ausgeglichen werden würde.

Thüringen nimmt bekanntlich im Wintersport eine Spitzenstellung in Deutschland ein. Sport und Tourismus fördern sich dabei gegenseitig. Ein zusätzlicher Tag im schneereichen Februar würde in ganz Thüringen die Einnahmen in den Bereichen Sport und Tourismus vervielfachen. Das Land hätte zur rechten Zeit, Zeit gewonnen und Zeit ist bekanntlich Geld. Der zu erwartende positive Trend in der Tourismusbranche und im Sportbusiness würde Investoren anlocken, und dass auch in anderen ökonomischen Zweigen.

Das Thema ICE wäre in diesen Kontext kein Thema.

Fassen wir zusammen: Die Streichung des Freitags, den 13. hieße primär höhere Steuereinnahmen für den Freistaat, mehr Arbeitsplätze und Wohlstand für dessen Bürger.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Verehrte Mitstreiter!

Ich möchte meine Ausführung an dieser Stelle zu Ende bringen. Die Gefahr für Demokratie und Sozialstaat durch Arbeitslosigkeit, Zukunftsangst und Wirtschaftskrise sind bittere Realität. Auch der Freitag, der 13. ist dafür verantwortlich zu machen. Wir können dieser Gefahr begegnen. Löschen wir den Freitag, den 13. aus unserer Zeitrechnung zum Wohle unseres Landes und seiner Bürger und Bürgerinnen.

Danke für die Aufmerksamkeit.



2. Rednerin:
Patrizia Hoppla-Hopp, Pressereferentin der Feministischen Aktion

Hallo Frauen! Liebe Freunde im Geist!

Erstmal vielen Dank an meinen Vorredner. Ich hatte bei ihm eigentlich einen Kurzen erwartet.

Ich meine den Vortrag.

Aber zur Sache! Es ist nicht mehr länger hinzunehmen, dass Männer sich auf einen gewissen Tag berufen können, um sich aus der Verantwortung zu ziehen. Wenn es nach den Herren dieser Welt gehen würde, wäre am Freitag, den 13. jedes Unrecht gegenüber Frauen entschuldbar. „Die armen Männer sind doch nur Opfer ungünstiger Konstellationen”, höre ich sie kichern, wenn sie am Freitag, den 13. ihre Frauen betrügen, den Koitus interuptus zu spät tätigen, besoffen ins Bett kotzen, das Haushaltsgeld verspielen und so weiter und so weiter.

Frauen! Die patriarchale Dreifaltigkeit aus Politik, Wirtschaft und Kirche konzentriert ihre ermattende Macht auf diesen Tag. Aber nicht mit uns! Wir haben das hartnäckige Festhalten am Freitag, den 13. längst durchschaut. Sie wollen von diesem Tag aus, alle emanzipatorischen Errungenschaften rückgängig machen. Und das mit der lapidaren Begründung: „Das war eben Pech.”

Frauen! Entbehrungen und Opfer mussten wir in unserem Kampf hinnehmen. Die Männer haben uns nichts geschenkt. Und wie ihr seht, sie werden nichts unversucht lassen, um uns wieder ans Gängelband zu bekommen. Unsere Freiheit macht sie impotent.

Frauen! Wir dürfen das nicht hinnehmen. Erst, wenn der Freitag, der 13. aus der patriarchalischen Zeitrechnung gestrichen ist, wird das Matriarchat siegen, ist die Befreiung aller Frauen möglich.

Frauen! Fordern wir gemeinsam die Abtreibung des Freitags, den 13. aus allen Jahrbücherinnen. - Danke!



3. Redner:
Stigma Buru Buru, Sekundarerlauchter der „Gefährden Gottes in phlegmatischer Frömmigkeit”

Menschen!

Es ist recht, dass Ihr gekommen seid, dass Ihr mich erhört, denn mein ist der Satz, ja mehr noch, es sind mehrere Sätze - und ich spreche sie zu Euch, um Euch Kunde zu bringen, Kunde, dass das Böse in dieser Welt seine Erneuerung feiert.

Es hat sich in die Kalender eingeschlichen, in den Dienstplan des Herrn und wirft dunkle Schatten in unseren Glauben an das Gute.

Menschen!

Ihr seid von Gott erschaffen. Eure Tage sind gezählt, von Gott. Es sind gute Tage, die der Herr zählt. Aber dieser Tag, der da naht ist nicht Gottes Werk. Es ist Luzifers Fluch, der sich in die Kalender schlich, um Verderben zu säen, um die Krone der Schöpfung, wie der Herr Euch, seine Kinder liebevoll nennt, in Angst und Schrecken zu versetzen.

Luzifer hat diesen Tag, den Freitag, den 13., erschaffen. Er hat bestimmt, dass der Freitag, der 13. in unregelmäßigen Abständen erscheint. Denn Gott, unser Herr und Schöpfer, würde nie etwas Unregelmäßiges zulassen. Seht nur einmal auf eure Hände, ja Euch allen gab er zwei. Denn Ihr alle seid Gottes Kinder. Die Unregelmäßigkeit, die der Teufel schickt, schenkt Verwirrung und Verwirrung bringt uns vom Weg der Glückseligkeit ab.

Gottes Kinder!

Der Herr gab Euch zwei Hände. So haltet diese mit den Handflächen aneinander, vor euer Antlitz und seht dieses Wunder! Schaut auf die Hände eurer Nachbarn und ihr werdet es erkennen: Überall regelmäßige Abstände zwischen den Fingern! Ja, Gottes Werk ist unerreicht.

Lasst uns für diese Gnade gemeinsam in einem Gebet danken!

„Herr, der Du uns gabst zwei Hände in wunderbarer Regelmäßigkeit, nie wollen wir uns der Unregelmäßigkeit hingeben. Gib uns Kraft, Luzifers Tag der Anomalie, den Freitag, den 13. zu vergessen, aus unserer regelmäßigen Welt zu verbannen, zu unser aller Erlösung in regelmäßiger Glückseligkeit. Amen.”

Menschen, Kinder des Herrn!

Nach diesem uns Gnaden spendenden Gebet kann ich euch zur Freude berichten, wir, die „Gefährden Gottes in phlegmatischer Frömmigkeit”, haben Gottes Dienstplan neu geschaffen ohne Luzifers Freitag, den 13. Ihr könnt diesen göttlichen Kalender erwerben, für einen nicht unbeträchtlichen, aber der glücksverheißenden Botschaft entsprechendem Betrag. Ich möchte diesen Betrag hier nicht nennen. Bestellt diesen himmlischen Kalender einfach unter ISBN 11-12-14 in jedem fortschrittlich-moralischen Buchhandel.

Danke meine Kinder und geht mit Gott – aber geht zum Buchhandel!



Mitwirkende

Raumgestaltung:
u. a. Andreas Jäckel, Ute Weiß, G Punkt Erde, Roberta Tische, Major Zeman, Christian, Anne F. Samost,
J.A.N. Harmonie, Sid Eisengurrer

Licht & Ton:
G Punkt Erde, Langi

Bilder:
Andreas Jäckel

Fotografie:
Cherine & Cindy

Metallarbeiten:
Uwe Golschewski, Frank Rosenbauer

Video:
Ute Weiß

Szenisches Theater:
J.A.N. Harmonie, Thomas Schindler, Marah Evita Jevko, Che Schabi Miral, Sid Eisengurrer,
Marc Os, Andreas Jäckel

Texte:
Sid Eisengurrer

Musik:
Marco Junghans & Holger Öhmer, Sasquatsch





 
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